Wie Sumo-Ringer böse Geister vertreiben
Hakuhos rundes Gesicht ist angespannt. Langsam und konzentriert drückt er seine Arme nach oben, die Hände geöffnet. Dann geht er wieder tief in die Hocke. Der 1,93-Meter-Mann neigt seinen massigen Körper zur Seite und hebt ein Bein angewinkelt bis auf Kopfhöhe. Kraftvoll stampft er mehrfach auf. Böse Geister will Japans Sumo-Champion Hakuho mit diesem shintoistischen Reinigungsritual vertreiben. Derweil weht der Wind zarte Blütenblätter über den Platz vor dem Yasukuni-Schrein in Tokio. Japans fünfte Jahreszeit ist kirschblütenrosa.
So beginnt die bunte Geschichte „Erst zum Gebet, dann in den Ring“, die ich für das Sport-Ressort der „Wiener Zeitung“ über Japans Nationalsport Sumo geschrieben habe. Sie beleuchtet die engen Verbindungen zwischen dem Sport und der japanischen Shinto-Religion. Am Karfreitag traten 200 Ringer zu einem Show-Turnier an, „Honozumo“ genannt. Es findet auf dem Gelände des Yasukuni-Schreins statt, der Menschen gewidmet ist, die im Kriegsdienst gestorben sind. Weil dort seit einigen Jahrzehnten auch Männer darunter sind, die als Kriegsverbrecher gelten, erzürnt ein Schrein-Besuch von hohen japanischen Politikern regelmäßig die Nachbarn Südkorea und China, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter dem japanischen Joch litten.
Vor dem Kampf durften die besten Ringer ins Innerste des Schreins zum Gebet und für ein Zeremonie zur Reinigung. Dabei entstand das Bild mit den Bäuchen. Die zwei mit dem Zickzackpapier sind die Yokozuna, die ranghöchsten Sumo-Ringer, Hakuho und Harumafuji, beide aus der Mongolei.