Die Expo in Osaka hat begonnen – zu Besuch im deutschen Pavillon
Er ist Blickfang, Laufbahn und Motto zugleich: Ein 12 bis 20 Meter hoher Ring aus Holz mit über 600 Metern Durchmesser umgibt das Gelände der Expo im japanischen Osaka, die am 13. April beginnt. Der „Grand Ring“ ist laut Guinness-Buch der Rekorde die größte Holzkonstruktion der Welt und soll Teilnehmende aus rund 150 Nationen und 25 Organisationen verbinden. Sie stellen Konzepte und Ideen dazu vor, wie die Menschheit in Zukunft leben könnte („Designing Future Society for Our Lives”). Die Veranstalter hoffen auf rund 28 Millionen Besucher.
Der deutsche Pavillon greift das Ringthema in Form und Inhalt auf: Er besteht aus mehreren verbundenen kreisrunden Gebäudeteilen, deren Elemente – passend zum darin vorgestellten Thema Kreislaufwirtschaft – nach der Expo wieder in den Ressourcenkreislauf zurückgeführt werden. „Wir wollen mit dem Pavillon zeigen, dass man Rohstoffe wiederverwerten und Ressourcen sparen kann, dass das bereits funktioniert! Und dass man bereits Gebrauchtes nicht immer wegwerfen muss“, erläutert Patrick Specht, Commissioner General des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), bei der Begehung des Pavillons kurz vor Eröffnung.
Ausgeliehene Bäumchen und Pflanzen gehen nach dem 13. Oktober an eine Baumschule in Osaka zurück, Möbel an den Hersteller. Die Wände wandern direkt auf den Kompost: Denn die Macher griffen dafür auch auf ein so unkonventionelles wie neuartiges Material namens Pilzmyzel zurück – ein Baustoff aus Pilz, der in der passenden Form gezüchtet wurde. Schließlich sei ein Gedanke der Weltausstellung seit jeher, gemeinschaftlich Innovationen voranzutreiben, sagt Christian Tschersich von Lava-Architekten Berlin, der den Pavillon als Prototypen versteht: „Probleme wie der Klimawandel, die Ressourcenverknappung und globale Migrationsbewegungen – diese können nicht ausgehend von den einzelnen Nationalstaaten gelöst werden, sondern erfordern global und ganzheitlich gedachte Ansätze. Die Expo bietet hier ein Forum und eine Plattform für Austausch und Vernetzung.“

Man wolle aber die Gäste nicht nur auf rationaler Ebene, sondern auch emotional berühren, betont Specht. In Anlehnung an das Expo-Unterthema „Connecting Lives“ hat die Kölner Agentur facts and fiction deshalb extra ein Maskottchen entwickelt, das „kawaii“ (niedlich) ist – eine von mehreren Verbeugungen vor der Gastgeberin Japan. Mit dem „Circular“ in der Hand können die Besucher – ähnlich wie mit einem Audio-Guide – mehr Details zu Exponaten abrufen sowie mit den Circulars anderer Besucher „kommunizieren“. Auch ihre Stimmen sind japanisch „kawaii“ hoch – aber nicht zu sehr, um auch dem deutschen Geschmack gerecht zu werden, wie Freya Paintner, Marketing- und PR-Chefin von facts and fiction, erläutert.
In der Ausstellung können Besucher an interaktiven Stationen und unterstützt von Künstlicher Intelligenz ihre Wunschstadt der Zukunft gemeinsam gestalten, zum Beispiel anhand von Megatrends wie „vertikales Bauen“, „Kreativität“ und „Energie generierend“. Außerdem entdecken sie, wo Deutschland bereits zirkuläre Innovationen vorangetrieben werden – „von der Menstruationstasse bis zum Mercedes“, wie Paintner erläutert.


Im Vorfeld gab es viel Kritik an der Expo, weil die geschätzten Kosten mit 235 Milliarden Yen (umgerechnet 1,45 Milliarden Euro) fast doppelt so hoch ausfielen als erwartet, die Vorbereitungen weit hinter dem Zeitplan lagen und die Ticketverkäufe schleppend anliefen. Allein der deutsche Pavillon kostete 56,4 Millionen Euro. Ist eine Weltausstellung heute noch zeitgemäß? Marco Hückel, Geschäftsführender Gesellschafter von facts and fiction, erläutert ihren Bedeutungswandel: „Früher waren Expos große Industrieschauen, heute geht es darum, große Menschheitsthemen anzupacken. Die Expo ist kein Anachronismus, sondern eines der wenigen unpolitischen Weltereignisse, wo die Welt zusammenkommt – und gerade in angespannten Zeiten wichtig.“ Er beschreibt eine geradezu familiäre Stimmung unter den Expo-Beteiligten aus aller Welt.
„Wir wollen Lösungen anbieten und in Austausch mit anderen Ländern treten“, sagt auch Dr. Dorothea Schütz, Deputy Director-General des BMWK. Sie ist besonders begeistert vom Herzstück des Pavillons, einer Mischung aus Ruheort und Projektion in Kreisform, der die Besucher zum Nachdenken anregen soll: „Can you imagine a bright future – and what would you give up for it?“ (Können Sie sich eine glänzende Zukunft vorstellen – und was wären Sie bereit dafür aufzugeben?“)