Journalistin, Aufnahmeleiterin & Filmemacherin in Japan
Welche Hand ist echt, welche aus Silikon? Die Detailtreue der Prothesen aus Omori ist erstaunlich © Sonja Blaschke
Welche Hand ist echt, welche aus Silikon? Die Detailtreue der Prothesen aus Omori ist erstaunlich © Sonja Blaschke

Ein kleines Dorf in Westjapan erfüllt Silikonträume

Wer nach einem Unfall oder durch Krankheit Gliedmaßen verliert, muss sich umstellen. Das Unternehmen Nakamura Brace hilft dabei – und hat zugleich ein ehemaliges Geisterdorf wieder zum Leben erweckt.

Entdeckt auf einer einwöchigen Recherchereise durch den nicht ganz so wilden Westen Japans: In dem verschlafenen Dörfchen Omori in der Präfektur Shimane erfüllt die Firma Nakamura Brace seit mehreren Jahrzehnten die Träume ihrer Kunden von einem „normalen“ Leben. Wer durch einen Unfall oder Krankheit Gliedmaßen verloren hat oder sich zum Beispiel einer Brustamputation unterzogen hat, bekommt dort gerade zu unheimlich lebensechte Prothesen aus Silikon angefertigt. Welcher dieser beiden Hände ist wohl eine Prothese? Aus ganz Japan, und sogar aus dem Ausland trudeln Dankesbriefe von Patienten ein, die die Firma stolz im Foyer ausstellt.

Dem Firmengründer Toshiro Nakamura ist wirtschaftlicher Erfolg allein jedoch nicht genug. Aus seinem Heimatort Omori, der in den 1960ern nur mehr ein Geisterdorf war, machte Nakamura mit Eigenmitteln und durch Überzeugungsarbeit bei ähnlich Gesinnten einen pittoresken Vorzeigeort. Bis Dezember soll dort „das kleinste Opernhaus der Welt“ entstehen, erzählt er stolz. Dabei liege ihm gar nicht so viel an der Musik, aber er liebe es, anderen beim Musikgenuss zuzusehen, sagt Nakamura.

Die meisten Menschen, die den Weg nach Omori finden, landen dort jedoch nicht wegen Nakamura Brace, sondern weil sie die historischen Silberminen Iwami Ginzan in der Nähe besichtigen wollen. 2007 erklärte die UNESCO die Mine und die umliegende Kulturlandschaft zum „Weltkulturerbe“. Leider ist nur ein kleiner Teil der Stollen zugänglich, die Erklärungen sind recht spärlich. Mehr Spaß macht es, ein wenig durch die Sträßchen von Omori zu schlendern, kleine Cafés auszuprobieren, durch Lädchen zu stöbern und Kunsthandwerk zu kaufen. Wer vor Ort bleiben möchte, kann im gemütlichen „Guesthouse Yuzuriha“ von Nakamura Brace übernachten und sich im Restaurant gegenüber, das in einem alten Samuraihaus untergebracht ist, lecker verpflegen lassen.